Montag, 9. August 2010

Täter versus Exekutive

Liebe Blogleser, Interessierte und Geschädigte der Nutzlosbranche,

immer wieder erhalten wir massive Beschwerden darüber, dass offenbar nicht, oder nur sehr schleppend ermittelt wird.
Diese Vorwürfe betreffen sowohl die Vorgänge in Deutschland, als auch in Österreich.

Wir antworten in diesen Fällen mit dem Verweis an die jeweilige Ermittlungsbehörde und dem Hinweis auf laufende Ermittlungen, geben die Aktenzahl dazu bekannt und versuchen darzustellen, wie sich so eine Ermittlungsarbeit gestaltet.

Nun vermehren sich die Beschwerden seit einigen Wochen und deshalb möchten wir Ihnen allen kurz zusammengefasst und leicht verständlich erklären, worin die Schwierigkeit liegt, solche Ermittlungen zu führen.

Als Erstes muss erkannt werden, dass man sich in einem Bereich der Wirtschaftskriminalität bewegt, der vielerorts noch vollkommen neu ist: organisiert und strukturiert, mit eindeutigen Aufgabenstellungen und Zuordnungen. Versteckt unter den Mänteln von Unternehmen, die im Ausland sitzen und beschützt durch hoch engagierte Mitarbeiter, die schweres Geld dafür bekommen, um Spuren zu verwischen, Daten zu manipulieren und Zusammenhänge zu verschleiern. Und das alles in einem hochtechnisierten Bereich, wo die Spezialisten dafür rar und tatsächlich nur in der Privatwirtschaft zu finden sind.

Die Täter besitzen dazu massig Geld, das schnell und ohne vorherigen Genehmigungsablauf eingesetzt werden kann. Dazu kommen noch sehr gute Spezialisten, die für genau dieses Geld angeheuert sind und entsprechend ihren Fähigkeiten rasch und ohne Rücksicht auf etwaige Dienstvorschriften und Gesetze handeln.

Jeder der Täter an der Spitze des Kartells verfügt über ein hervorragendes Netzwerk an Kontakten. Sowohl in die Wirtschaft, als auch in der Politik, zu den Medien und teilweise auch zu den einzelnen Gerichten.

Diese Kontakte wussten bis vor kurzem oftmals noch gar nicht, mit wem man sich da eingelassen hatte und für wen man da eine Lanze gebrochen, oder fürgesprochen hatte.
Und was man nicht vergessen darf: viele dieser Kontakte beziehen aus der Geschäftsbeziehung zu den Tätern ein nicht unwesentliches Einkommen.

Nun haben wir auf der anderen Seite die Exekutivorgane, die allesamt weder das Finanzkapital zur Verfügung haben, um sich beispielsweise der besten Spezialisten auf dem Bereich IT zu bedienen – abgesehen davon, dass die Gesetzeslage eine freie Wahl dabei oftmals gar nicht zulässt – oder so mal kurz eine Reise ins ferne Ausland zu machen, um dort vor Ort eine Nachschau zu halten, noch haben die Behörden die Möglichkeit bestehende Gesetze, Vorschriften, oder Dienstanweisungen zu umgehen, oder gar zu brechen.
Abgesehen davon ist es für die Gesetzesvertreter gar nicht möglich – auch wenn sie es wissen, wo sie suchen müssten – auf ausländischem Territorium zum Beispiel eine Einvernahme, oder gar eine Hausdurchsuchung zu machen. Dazu muss die Behörde vor Ort herangezogen werden. Was wieder bedeutet, dass auf dem offiziellen Dienstweg über Wochen hinweg Anfragen und Rechtshilfeersuchen gestellt werden müssen.

In sehr vielen Fällen scheitert die Zusammenarbeit dann daran, dass die angefragte Behörde im Ausland oft aus Personalmangel nicht in der Lage ist, dem Ersuchen umgehend nachzukommen.

Und natürlich darf man eine ganz brutale Wahrheit nicht vergessen:

Während auf Seiten der Täter die hochbezahltesten Anwälte, die schlauesten Techniker und Buchhalter tätig sind, die ohne Reisehindernisse international tätig sind, haben wir auf der anderen Seite Menschen, die zwar engagiert sind, aber in der Ausbildung oft hinterher hinken.
Was kein Wunder ist, denn ein Polizist ist für mehr ausgebildet, als nur einem Betrüger hinterherzujagen, oder Kontobewegungen zu interpretieren.
Im Anlassfall, also wenn so ein Fall wie dieser jetzt aktenkundig wird, müssen sich die Polizisten und Staatsanwälte und Richter erst mit der Materie bekannt machen und dazulernen.

Es ist für die ermittelnden Behörden schlicht nicht möglich, den nächstbesten Spezialisten anzurufen und eben mal für eine Expertise zu ordern. Das muss alles in „Heimarbeit“ selbst erledigt und aufgearbeitet werden – und das benötigt Zeit.

Natürlich ist das unbefriedigend und ärgerlich. Natürlich wünscht man sich in solchen Situationen, dass die Exekutive mehr Rechte und Möglichkeiten hätte, aber: die Gesetzeslage ist eben so.

Die Täter sind da in sehr vielen Belangen naturgemäß überlegen ausgestattet, haben mehr Geld zur Verfügung, müssen nicht darum Ansuchen, wenn Sie eben mal mit einem „Kollegen“ aus dem Ausland sprechen wollen und die Täter müssen auch nichts nachprüfen und beweisen können. Denen genügt ein Hinweis, ein Verdacht, eine Idee, um zu handeln.

Die Exekutive hingegen hat es da sehr schwer: Regulativen, Einschränkungen, Vorschriften und vor allem:

Die Exekutivorgane müssen für jeden Vorwurf, der später vor Gericht auch stand halten soll, den Beweis erbringen.

Und genau hier haben die Behörden ein massives Hindernis zu überwinden:

Sie sind auf die Mitarbeit der Geschädigten angewiesen. Ohne Geschädigte gibt es keine Strafverfolgung – ohne die Aussage und Anzeige von Geschädigten gibt es keine Möglichkeit, die Täter aufzuhalten.

Und wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, Geschädigte dazu zu bewegen, ihren Fall der nächsten Wache anzuzeigen.

Viele scheuen den Weg zur Polizei oder Staatsanwaltschaft. Aus Bequemlichkeit, oder einfach nur aus Angst vor dem Unbekanntem. Da nehmen die Menschen lieber in Kauf, noch mehr Geld zu verlieren und die Täter noch länger mit Finanzen zu versorgen.

Es genügt nicht, sich darüber aufzuregen und zu schimpfen, wie schlecht die Täter sind, oder dass nun endlich etwas gemacht gehört.
Tatsächlich ist es sehr oft so, dass diejenigen, die am lautesten Schimpfen sich nicht getrauen zur Polizei zu gehen und die Tat anzuzeigen.

Deshalb rufen wir immer wieder auf, uns Fragen, Beschwerden, oder auch Angaben zu Straftaten zu senden. Wir helfen den Geschädigten dann auch dabei, die Angst vor der Polizei abzulegen, gehen mit ihnen gemeinsam an der Hand zur nächsten Wache, helfen auch dabei, wenn sie einen Anwalt dabei haben möchten und erklären genau, was nun passiert.

Wenn Sie alle also tatsächlich möchten, dass die Täter verfolgt und bestraft werden, ist es Ihre Pflicht, sich mit der nächsten Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen und gegebenenfalls die an Ihnen vollzogene Tat zur Anzeige zu bringen.

Wichtig für Sie ist dabei folgendes:
Strafanzeige sollte gestellt werden, wenn man vermutet, dass eine Straftat begangen wurde. Ob eine Straftat begangen wurde, wird dann von der Justiz geprüft.

Wichtig ist auch: als Anzeiger muss man nicht beweisen, dass eine Straftat begangen wurde
. Dies obliegt dann der Strafverfolgungsbehörde.

Dies bedeutet aber nicht, dass man einfach aus Lust und Laune heraus eine Strafanzeige stellen kann. Missbraucht man dieses Instrument und es wird nachgewiesen, dass man von der Unschuld des Verdächtigten hätte wissen müssen, kann man selbst Ziel einer Strafverfolgung werden: wegen "falscher Verdächtigung" bzw. "Verleumdung".
In diesem Falle bedeutet das: machen Sie keine Strafanzeige, wenn sie wissen, oder wissen hätten müssen, dass das Geld von Ihrem Konto zu recht abgebucht wurde. Also eine Strafanzeige gegen den Stromanbieter, weil er Geld per Lastschriftverfahren einzieht ist unsinnig. Eine Strafanzeige gegen die Täter, die ohne Ihres Wissens über dubiose Fremdfirmen Ihr Konto plündern ist dagegen sehr richtig und wichtig.

Bedenken Sie folgendes:
Wenn man auf eine Anzeige verzichtet, erfährt die Justiz nichts von der Straftat und kann beim besten Willen niemanden verfolgen. Würden mehr Personen, die z.B. eine unberechtigte Abbuchung von seinem Konto erhalten haben, Anzeige erstatten, dann könnten sich die Firmen, die dies tun, nicht mehr mit einem Versehen herausreden. Zudem würde der Gesetzgeber schneller reagieren, wenn die Kosten der Strafverfolgung wegen der Zunahme von Strafanzeigen höher werden. Im Falle von unberechtigten Abbuchungen wäre da z.B. auch eine erhöhte Verantwortlichkeit der Banken, die eine Abbuchung aufgrund eines Auftrags dieser Firmen tätigen, ohne dass sie sich von der Rechtmäßigkeit vergewissern, angezeigt. Hier würde eine Änderung der AGB, dass für Lastschriften die schriftliche Lastschriftgenehmigung des Kontoinhabers eingereicht werden muss, Sinn machen. Dies ist auch der Grund, warum einige Betroffene in ihren Anzeigen die kontoführende Bank mit benennen, wenn es um ungerechtfertigte Abbuchungen geht. In der Begründung der Anzeige erklären sie dann, dass die Bank es vermutlich an der nötigen Sorgfaltspflicht hat mangeln lassen. Anders könne man sich diese ungerechtfertigte Abbuchung nicht erklären.

Also, es wird ermittelt. In Deutschland, wie auch in Österreich. Aber es dauert seine Zeit, die wir den Ermittlern auch einräumen müssen.

Alleine die Recherchen, die zu den Grundlagen dieses Blogs beigetragen haben (und es ist erst ein Bruchteil davon veröffentlicht, was tatsächlich vorhanden ist, auf Rücksicht auf die Ermittlungsbehörden) haben nahezu zwei Jahre in Anspruch genommen.
Und wir haben kein Dienstvorschriften, oder Amtswege, die eingehalten werden müssen.

Die Täterwerden nicht ungestraft bleiben.

Sie, als Geschädigte, oder sogar als Insider/in, die/der aussteigen möchte, haben es in der Hand, die Dinge zu beschleunigen.

Melden Sie sich zahlreich und ohne Furcht vor Repressalien.



Beitragende